Im falschen Film
Theateraufführung der Arbeitsgemeinschaften Darstellendes Spiel, Schwarzlichttheater und Technik
Am 14. und 15. Juni öffnete sich der Vorhang in der Aula der Tilemannschule für die Aufführung „Im falschen Film“ unter der Leitung von Claudia Kim. Trotz des EM-Auftaktspiels hatten sich die Reihen bis zur Hälfte gefüllt und die Darstellerinnen und Darsteller konnten nach der einwöchigen Verschiebung der Aufführung endlich das Ergebnis langer Proben präsentieren.
Das zentrale Thema des von Simon Mrochen (Q4) geschriebenen Stücks war eine der wichtigsten Fragen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens: Wieviel Freiheit braucht der Mensch als Individuum und als soziales Wesen in der Gemeinschaft? Im Stück wird schnell klar, dass zu viele Freiheiten die Moral und den gesellschaftlichen Zusammenhalt destabilisieren. Davon wollen jedoch die Präsidentin (Julie Mrochen, 10g1), ihre Regierungsmitglieder (Simon Mrochen, Q4 und Audrey Swillus, 8g1) sowie ihr getreuer Generalstabschef (Tim Stibane, E-Phase) genau jenes Staates nichts wissen. Sie erfüllen scheinbar den Wählerwillen und streben die größtmögliche Freiheit für die Bewohner des Staates an. Selbst bei Entscheidungen über Leben und Tod reicht ein Besuch im Amt beim überzeugenden Simon Kubala (10g1) als Beamten aus, um mit ein paar Unterschriften nach wenigen Minuten sein Lebensende zu beschließen. Dass diese radikale Politik nicht nur auf positive Resonanz stößt, sondern zunehmend auch kritisch hinterfragt wird, präsentieren stellvertretend die Nachrichtensprecher Jim (Leon Kurzius, Q4) und Jenny (Selina Baer, 10g2) sowie der Enthüllungsjournalist Kramer (Fiona Kossek, 9g2). Bürger, die in diesem System an ihre moralischen Grenzen stoßen, erklären sich bereit, all ihre Freiheiten aufzugeben und einem unbekannten Herrscher durch absolute Unterordnung zu gehorchen. Die neu gewonnene scheinbare Ordnung und Sicherheit bleibt jedoch nur kurz ein positiver Effekt. Schnell werden auch in diesem entgegengesetzten, gleichzeitig genauso radikalen System nicht nur die Funktionsmechanismen, sondern die Machtgier der Herrscher deutlich, als sich der neue Regierende als ehemaliger Vizepräsident entpuppt, der sich perfide an die Macht geputscht hat. Luise Weinland (9g1) als „Trauer“ scheint als einzige die Sicherheit in einem extremen Freiheitsstaat zu hinterfragen und stellt die Frage der moralischen Verantwortung in einer solchen Freiheitsdiktatur, als ihre Freundin von dem Freitod Gebrauch macht. Aus purer Verzweiflung wendet sie sich zwar dem „Zukunftsstaat“ zu, doch Rache wiegt für sie nicht mehr als ihre moralischen Grundwerte. Nach circa 80 Minuten bleiben Zuschauer zurück, welche sich in dem Dilemma zwischen Freiheit und Sicherheit ganz eigenständig moralisch verorten und verantworten müssen. Sie müssen sich selbstkritisch die Frage stellen, in welchem politischen System sie selbst jetzt und zukünftig leben wollen.
Im zweiten Teil des Abends, der von Leon Kurzius (Q4) inhaltlich verantwortet wurde, gingen die Zuschauer mit der Hauptfigur auf eine Traumreise, die maßgeblich durch den in Teilen kritischen Medienkonsum beeinflusst wurde: im Traum lässt die kindliche Fantasie die Handlungen bekannter Filme gefährlich echt werden und die Überfrachtung der medialen Eindrücke am Tage führt zu einer Aufhebung des Raum-Zeit-Kontinuums, sodass die bekannten Filmhelden und Antihelden zeitgleich existieren. Die beeindruckenden Bilder und Szenen des Schwarzlicht-Theaters wurden von Darstellerinnen fast aller Jahrgangsstufen umgesetzt, was ein Beweis dafür ist, dass eine gemeinsame medienfreie Zeit vielfältige Potentiale birgt und kreative Fähigkeiten fördert. Für diese Fertigkeiten wie Kreativität,
Führungskraft und Kommunikations- und Ausdrucksfähigkeit wurden im Besonderen die angehenden Abiturienten geehrt, darunter neben Simon Mrochen und Leon Kurzius auch Aaron Kassner, der jahrelang federführend die Technik AG leitete, die nach diesem Schuljahr die Schule sowie die Arbeitsgemeinschaften verlassen werden. Dass die zukünftigen Aufführungen viele neue vielversprechende Talente hervorbringen werden, hat der Theaterabend bewiesen.
Ein herzlicher Dank an alle Mitwirkenden sowie die Leiterin Claudia Kim!