Theaterprojekt 2025 mit dem Verein Weilburg erinnert e.V. zu den T4-Krankenmorden in Hadamar
Hadamar. Stille. Das Publikum im voll besetzten Festsaal der Vitos-Klinik hält den Atem an. Schülerinnen und Schüler der Tilemannschule Limburg stehen auf der Bühne, ihre Gesichter von der Last der Geschichte gezeichnet. „Unwertes Leben“ – diese grausame Zuschreibung der Nationalsozialisten an Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen wird in diesem Moment greifbar.

Das theaterpädagogische Projekt „Letzte Reise nach Hadamar“, eine Kooperation des Vereins Weilburg erinnert e.V. und der Tilemannschule Limburg, hat sich mit den NS-Krankenmorden auseinandergesetzt. Vom 3. bis 7. Februar 2025 erarbeiteten Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 10 und 11 unter der professionellen Leitung der Schauspieler Crischa Ohler und Sjef van der Linden vom Theater mini-art e.V. eine bewegende Inszenierung. Dabei standen die Biografien der Opfer im Mittelpunkt. Die Jugendlichen schrieben eigene Texte, entwickelten Dialoge und ließen die stummen Stimmen der Vergangenheit auf eindrucksvolle Weise wieder erklingen.

Schon der Beginn der Aufführung war eindringlich: Die Darsteller betraten die Bühne langsam, fast zögerlich. Einzelne Stimmen erhoben sich: Zeugnisse von Hoffnung, Angst und Ohnmacht. Szenen folgten, die sich tief ins Gedächtnis brannten. Ein verzweifelter Dialog zwischen einer Schwester, die nach ihrem Angehörigen fragt, und einem Soldaten, der sie kalt abweist. Die Ankunft der grauen Busse, die das Unausweichliche bedeuten. Monologe von Opfern, die ihre letzten Gedanken und Ängste mit dem Publikum teilten. Eine Choreografie, in der sich Körper ineinander verknäuelten, gefangen in der Unmenschlichkeit eines Systems, das über Leben und Tod entschied.

Besonders erschütternd war die Darstellung der Reaktionen der damaligen Bevölkerung: Gleichgültigkeit, Angst, Mitläufertum. „Ich kann nichts tun“ – dieser Satz fiel mehrfach und spiegelte die Ohnmacht vieler Menschen wider.

Eine Schülerin schilderte nach der Aufführung ihre Eindrücke: „Ich habe mich gefragt, was ich damals getan hätte. Es war bedrückend, sich vorzustellen, wie viele Menschen einfach weggeschaut haben.“ Ihr Mitschüler ergänzt: „Es war uns wichtig, nicht nur die Opfer zu zeigen, sondern auch die Täter – und die, die tatenlos blieben.“

Im letzten Teil der Aufführung wurde der Bogen zur Gegenwart geschlagen. Die Schülerinnen und Schüler stellten eindringlich dar, dass Ausgrenzung, Diskriminierung und Hass auch heute noch existieren – sei es in Schulen, im Internet oder im gesellschaftlichen Leben. „Wir wollten zeigen, dass es nicht nur um Geschichte geht, sondern um das Hier und Jetzt“, erklärte eine Teilnehmerin nach der Vorstellung.

Die Intensität der Darstellung ließ niemanden unberührt. Die Mimik, die Körpersprache, das fast schmerzhafte Schweigen in manchen Szenen – all das trug zur Wirkung bei. Besonders eindringlich blieb eine Szene in Erinnerung, in der eine Gruppe Jugendlicher die Sätze wiederholte: „Das geht mich nichts an. Ich kann nichts tun.“ Eine andere Darstellerin schrie schließlich auf: „Doch, du kannst!“ – ein Moment, der das Publikum tief bewegte.

Am Ende der Vorstellung war es für einen Moment vollkommen still, bevor tosender Applaus einsetzte. Einige Zuschauer hatten Tränen in den Augen.

Mit „Letzte Reise nach Hadamar“ ist ein außergewöhnliches Projekt gelungen, das berührt, aufrüttelt und Verantwortung für die Erinnerungskultur übernimmt.

Das Projekt wurde durch die Zukunft bilden Stiftung von Andrea & Markus Eisel sowie die Deutsche Postcode Lotterie gefördert.
Textquelle: Weilburg erinnert e.V., aberufen unter
Fotos: Peryton Film